„Wir denken zuerst ans Gehirn“ - Interview mit Horst Warncke, Leiter Audiologie von Oticon Deutschland

06.05.22

Er ist ein echtes Oticon-Urgestein: Seit fast 40 Jahren steht Horst Warncke dem dänischen Hörgerätehersteller mit Rat und Tat zur Seite und ist begeistert wie am ersten Tag. Der Leiter der Audiologie von Oticon Deutschland brennt für das, was er tut. Und er schätzt die Wertekultur seines Unternehmens. In einem Interview spricht er über technologische Erfolge und Visionen und darüber, was ihn motiviert.

Herr Warncke, was macht Ihre Arbeit so besonders?

Besonders spannend und einzigartig ist die enge Zusammenarbeit mit dem weltweit führenden Eriksholm Research Centre – Ausgangspunkt für alle Oticon-Innovationen. Auch die Zusammenarbeit mit der Forschung und Entwicklung und der Audiologie im Oticon-Hauptsitz, in der Nähe von Kopenhagen, ist großartig. Sogar in Hamburg spüren wir den dänischen Spirit und außergewöhnlichen Zusammenhalt. „Wir sind Teamplayer“, „Wir schaffen Vertrauen“, „Wir erschaffen innovative Lösungen“ und „Alles ist möglich“ sind Werte, die wir leben. Außerdem bekommt man, wenn man in einem weltweiten Konzern arbeiten darf, Einblicke in verschiedene Märkte und schaut über den Tellerrand hinaus. Und ich liebe den Austausch mit Hörakustikern – das habe ich in Corona-Hoch-Zeiten sehr vermisst. Jetzt sieht man mich endlich wieder bei Veranstaltungen vor Ort, wie bei der Oticon Live-Tour oder verschiedenen Fachveranstaltungen. Regelmäßiger Austausch ist wichtig. Man erfährt, wie Ideen aus der Forschung in der Praxis ankommen, und nimmt das Feedback auf.

Was ist Ihre Motivation?

Mitzuarbeiten an einer Welt, in der Menschen nicht länger durch ihren Hörverlust eingeschränkt sind. Ich bin stolz, dass Oticon stets das Ziel verfolgt, Hörsysteme zu entwickeln, die das Gehirn dabei unterstützen, Klänge zu verstehen. Anstatt uns also nur auf die Ohren zu konzentrieren, denken wir zuerst ans Gehirn. Mit diesem Ansatz, bekannt unter dem Begriff BrainHearing und wissenschaftlich belegt, gehen wir einen anderen Weg. Und es ist und bleibt eine Entdeckungsreise.

Was ist für Sie die größte technologische Errungenschaft der letzten Jahre?

Auf alle Fälle die OpenSound Navigator-Entwicklung mit multipler Speaker Access Technology im Jahr 2016, sprich: die Ausrichtung auf mehrere Sprecher und nicht nur auf einen dominanten Sprecher, wie es andere Hersteller machen. Gefolgt von der Klangverarbeitung in den Oticon More-Produkten, in denen dies noch weiter ausgebaut wurde.

Welche Technologie fasziniert Sie derzeit?

Unsere neueste Technologie: Das Deep Neural Network (DNN), das in unseren Oticon More-Hörsystemen steckt. Es ahmt die Funktionsweise des Gehirns nach und verarbeitet Klänge basierend auf Erfahrungen und verschiedenen Trainings. Damit ist das DNN in Oticon More weit mehr als eine Standard-KI-Software: eine einzigartige Hörlösung, die für den Echtzeitbetrieb im Alltag entwickelt wurde. Der Begriff Training klingt so beiläufig, aber hierin steckt echte Forscherleistung. Damit Oticon More alle Klänge in verschiedensten Hörumgebungen deutlich, natürlich und schnell übertragen kann, wurde das DNN mit 12 Millionen Klang-Szenen aus dem realen Leben trainiert. Dadurch wird das Gehirn optimal unterstützt.

Ihr Versprechen, das Jahr 2022 mit diversen Produktinnovationen zu bereichern, haben Sie schon jetzt gehalten. Wie ist das noch zu steigern?

Ja, dieses Jahr haben wir bereits die Oticon More-Familie erweitert, mit Oticon Zircon eine neue Mittelklasse eingeführt und wir bieten Funktionen wie Freihändig Kommunizieren an. Wir entwickeln uns ständig weiter: Im Mai haben wir mit Oticon Play PX die weltweit ersten pädiatrischen Hörsysteme mit integriertem DNN eingeführt. Für Kinder und Jugendliche mit einer Hörminderung bedeuten diese Systeme eine große Chance für ihre Entwicklung. Denn wie Studien zeigen, können die jungen Hörsystemträger damit einfacher Wörter erkennen, wiedergeben, verstehen und lernen.1  So können sie ähnliche Lernerfolge erzielen wie Kinder und Jugendliche ohne Hörminderung. Darüber hinaus, na ja, der Herbst ist traditionsgemäß sehr heiß in der Akustikbranche – und damit meine ich nicht nur den EUHA-Kongress und unser Symposium.

Sei es Lärm oder Entfernung – in der Entwicklung von Hörsystemen gibt es viele Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Wo besteht Verbesserungsbedarf?

Wir setzen uns seit Jahren mit solchen Herausforderungen auseinander und haben innovative Lösungen entwickelt. Heute sind wir führend in der Wiedergabe von Sprache im Lärm – ein Konzept, das wir dank DNN nochmals optimieren konnten. Gerade für Kinder und Jugendliche ist diese Technologie, die auch in Oticon Play PX integriert ist, so hilfreich. In der Schule sind sie zwar funktechnisch unterstützt, aber sobald sie den Klassenraum verlassen, sind sie wieder auf ihre Hörsysteme angewiesen. Damit verstehen sie auch ihre Freunde auf dem Sportplatz.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft? 

Aktuell reden alle über Designs und Akkus. Als Ingenieur schlägt mein Herz für die Audiologie. Daher würde ich mich freuen, wenn diese – und damit der Kundennutzen – wieder mehr in den Mittelpunkt rückt. Das hätte auch viele Vorteile für Hörakustiker, die damit Kunden mehr und deutlich früher erreichen, um sie mit bestmöglicher „life-changing technology“ zu versorgen.

1Gordey, D. & Ng, E. (2021). Oticon Play PX: Supporting Communication, Learning and Inclusion for Children and Teens. Oticon Whitepaper.

Über Oticon 

Oticon designt und entwickelt seit mehr als 115 Jahren Hörsysteme für Erwachsene und Kinder, deren Gehör geschädigt ist. Als einziger Hörgerätehersteller der Welt verfügt Oticon über ein eigenes Forschungszentrum. Im Dialog mit Nutzern, Wissenschaftlern, Entwicklern und Hörakustikern werden die Oticon Hörsysteme kontinuierlich weiterentwickelt, um passende Lösungen für ihre Kunden zu finden. Das Ziel des dänischen Konzerns ist es, Menschen mit „life-changing technology“ zu unterstützen. Oticon ist einer der größten Hörgerätehersteller der Welt und Teil der Demant-Gruppe, in der weltweit über 17.000 Mitarbeiter arbeiten. 

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